Schatzkammer Alverskirchen

Dekanat davon abhalten, ihre Wert- schätzung gegenüber dem Jubilar zu bekunden.“ 25 Die Eintragungen in der bis zum Jahre 1975 fortgeführten Pfarrchronik lassen erkennen, dass es häufig konkrete An- lässe zur Neuanschaffung von Para- menten gab, angeregt durch den jeweili- gen Pfarrer und mit großem Engagement getragen von den Mitgliedern der Pfarr- gemeinde. In welchem Maße die Gemeinde stets das Wirken der Geistlichen stützte und mit hohem Spendenaufkommen an der Ausstattung der Kirche Anteil hatte, zeigt nicht zuletzt eine 1958 gestiftete Kasel aus weißem Seidengewebe mit maria- nischer Symbolik (Kat.-Nr. 39). Sie wurde nach der Chronik anlässlich des 75. Ge- burtstages des Landwirts Augustin Schulze Hockenbeck von Familienange- hörigen „mit kostbaren Goldstickereien“ 61 fung einiger Gewänder gewesen sein mag. Bevorzugt wandte er sich an die in Münster auf dem Prinzipalmarkt an- sässige Paramentenhandlung Clemens Swiersen/Diepenbrock. Allein sieben Messgewänder und eine be- stickte Sakramentstola aus der Zeit um 1880 bis Anfang des 20. Jahrhunderts stammen nach Auskunft eingenähter sei- dener Firmenschildchen aus dem Atelier dieser Firma. 21 Clemens Swiersen (geb. 1817) war ein Nachfahre des aus Erfurt stammenden Textilfabrikanten Stephan Swiersen (1780-1863), der mit einer Tex- tilhandlung in der Aegidiistrasse 65 an- sässig war und als Stadtverordneter poli- tischen Einfluss hatte. 22 Clemens Swier- sen führte die Geschäfte als ‚Weiß- waarenhandlung’ am Prinzipalmarkt 33 fort. Um 1883 leitete eine seiner Töchter, Antonia Diepenbrock, das Geschäft und firmierte nun als ‚Cl. Swiersen /Diepen- brock, Münster i. W.’. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts spezialisierte sich das Unternehmen als ‚Kunststickerei-Anstalt’ und später als ‚Paramentenhandlung’. Noch bis in die 1940er Jahre sind Fahnen aus der Werkstatt des Hauses nachweis- bar. Über den weiteren Fortbestand des Unternehmens ist nichts bekannt. Die Gewänder dieses Ateliers sind in charakteristischer Weise homogen ge- staltet. Sie weisen durchgängig den Gewandschnitt der Barockzeit auf und sind aus ein- oder zweifarbigen Seiden- damasten der Krefelder Webereien gefer- tigt. Die Grundmuster variieren das his- toristische Motivrepertoire der Vierpass- motive mit Lilien, Palmetten und Pas- sionsblüten, wobei die Einzelformen bis in das frühe 20. Jahrhundert tradiert und noch im Duktus des Jugendstils fortge- führt werden. Bei den farbig abge- stimmten Besätzen überwiegen gewebte, als Ornamentbänder entworfene Cou- pons, die nach den Wünschen des Käufers durch separat gestickte Applika- tionen für die Mittelfelder des Kreuzes bereichert werden konnten. Sofern gestickte Besätze für Kreuz und Stab gewählt wurden, lassen diese die Orien- tierung an gedruckten Vorlagen für die Paramentenstickerei des Historismus erkennen. 23 Sie sind zumeist in farbiger, teilweise maschineller Tambourierstick- erei, die Goldpartien mit Japangold in Anlegetechnik ausgeführt. Aus Anlass des 25-jährigen Priesterju- biläums Pfarrer Depenbrocks – so berich- tet die Pfarrchronik – erhielt er am 1. Mai 1909 als Geschenk für die Kirche u.a. „einen Traghimmel, einen prächtigen Chormantel, ein Sakramentsvelum und eine rote Kapelle“. 24 Der Baldachin und das Sakramentsvelum haben sich nicht erhalten. Der reich bestickte weiße Chor- mantel (Kat.-Nr. 35) aus dem Atelier Cl. Swiersen/Diepenbrock und der rote Ornat (Kat.-Nr. 36) mit gewebten Besätzen in leuchtender Farbigkeit spiegeln noch ein- mal den Gestaltungswunsch des Pfarrers in besonders feiner Lineatur. Am 23. Januar 1917 erhielt er anlässlich des goldenen Priesterjubiläums ein weit- eres rotes Messgewand zum Geschenk mit einer qualitätsvoll gestickten Darstel- lung des Guten Hirten (Kat.-Nr. 37), die im übertragenen Sinne auch auf den Pfarrer bezogen gewesen sein mag. Nach den Angaben in der Pfarrchronik han- delte es sich um ein Geschenk der Pfarrer des Dekanates Telgte. „Trotz der Nöte des Ersten Weltkrieges ließen sich weder die Alverskirchener Pfarrgemeinde noch das 60 Pfarrer Render, bekleidet mit dem weißen Chormantel von 1909 anlässlich einer Volksmission 1959. (Foto: Dorfarchiv Alverskirchen)

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