Vortrag zum Thema Judentum
Granatapfel und Davidstern
Alverskirchen - Mittwoch, 07.06.2017
Den Davidstern als wichtiges Symbol des Judentums kennt fast jeder. Doch wie sieht es mit dem Granatapfel aus? Tatsächlich hat diese Frucht ebenfalls eine enge Verbindung zum jüdischen Glauben. Welche, das erfuhren die Besucher bei der Aktion des Fördervereins der Schatzkammer.
Einblicke: Dr. Renate Rosenberg aus Münster zeigte den rund 30 Teilnehmern der Veranstaltung private Exponate, die im jüdischen Glauben von Bedeutung sind. Kleines Bild: Teilnehmer der Veranstaltung durften einen Blick in die Haggada werfen. Aus ihr wird am Vorabend zum Pessachfest gelesen.. Foto: Dorfarchiv
Kennen Sie die drei jüdischen Wallfahrtsfeste Pessach, Shavout und Sukkot? Oder wissen Sie, was der Granatapfel mit dem Judentum zu tun hat? Wer sich mit dem jüdischen Glauben und ihrer Symbolik auskennt, ist Dr. Renate Rosenberg. Sie ist Mitglied der jüdischen Gemeinde in Münster und verbrachte sieben Jahre als orthodoxe Jüdin in Israel. Heute lebt sie ihren Glauben liberal. Auf Einladung des Fördervereins der Schatzkammer St. Agatha referierte die Medizinerin jüngst im Pfarrheim Alverskirchen. Rund 30 Teilnehmer waren der Einladung gefolgt.
Bereits das Einladungsplakat zur Veranstaltung mit Abbildungen des Davidsterns und einem Granatapfel weckte das Interesse.
Der Davidstern ist den meisten bekannt. Das Symbol gibt es seit dem Mittelalter und wurde benutzt, um Personen kenntlich zu machen. Für jüdisch Gläubige ist es das Zeichen ihrer Verbundenheit mit Gott. Weit weniger bekannt ist die hohe symbolische Bedeutung des Granatapfels. „Die Frucht soll 613 Kerne besitzen. Genauso viele religiöse Vorschriften gibt es im Judentum auch für das tägliche Leben wie Speisevorschriften, Anweisungen für das Zusammenleben und Mann und Frau oder für die Gestaltung der Festtage“, erklärte Dr. Renate Rosenberg. Niedergeschrieben sind die Vorschriften in dem Talmud.
Die Referentin hatte eine Vielzahl privater Exponate mitgebracht wie beispielsweise die Chanukkia, ein neunarmiger Leuchter. Dieser spielt in den acht Tagen des jüdischen Lichterfestes Channukka eine große Rolle, das im November oder Dezember stattfindet. Interessiert waren die Zuhörer aber auch an der Mezuzah, einer Schriftkapsel, die an Türpfosten befestigt wird und Textelemente des Glaubensbekenntnisses beinhaltet.
Ebenfalls im Gepäck hatte die Referentin Exponate wie den Sederteller und die Haggada, ein spezielles Buch, in dem die Geschichte des Auszugs des Volkes Israels aus Ägypten beschrieben ist. Beide rituellen Gegenstände werden beim siebentägigen Pessachfest, einem der drei jüdischen Wallfahrtsfeste, benutzt. „Pessach ist das Fest der ungesäuerten Brote. Es findet im Frühling statt und erinnert an die Flucht aus Ägypten“, erklärte Dr. Renate Rosenberg. Schon am Abend vor Pessach feierten viele jüdische Familien gemeinsam den Sederabend mit besonderen Speisen vom Sederteller. „Seder heißt Ordnung. Der Ablauf der Zeremonie richtet sich nach einer vorgegebenen Anleitung aus der Haggada“, informierte die Referentin. Scharfer Meerrettich erinnere beispielsweise an die bittere Zeit der Sklaverei; eine Mischung aus Äpfeln und Nüssen stelle mit ihrem süßen Geschmack die Freiheit dar.
50 Tage nach Pessach werde das Wallfahrtsfest Shavout gefeiert. Es erinnere an dem Empfang der Tora mit den zehn Geboten auf dem Berg Sinai . Dort soll Gott versprochen haben, dass im neuen Land Israel Milch und Honig fließen werde. „Als Erinnerung daran werden an diesem Fest viele Milchspeisen und Kuchen gegessen“, erzählte die Referentin.
Sukkot ist das dritte Wallfahrtsfest und erinnert an die Reise ins gelobte Land. Orthodoxe Juden leben in dieser Zeit sieben Tage lang in einer einfachen Laubhütte, weshalb das Fest auch Laubhüttenfest genannt wird.
Manche Zeremonie und Vorschrift im jüdischen Glauben klang neu und fremd. Doch es gibt durchaus auch Gemeinsamkeiten zwischen Christen- und Judentum. So zum Beispiel die Vorstellung von Ethik und die zehn Gebote, wie es die Referentin und Dr. Hans-Joachim Hubrich vom Förderverein der Schatzkammer am Ende formulierten.
Schatzkammer-Förderverein besucht Domschatz und Alte Synagoge in Essen / Rätsel der „Maloche“ gelöst
Andere Schätze bewundert
Alverskirchen - Donnerstag, 27.07.2017
Wie sieht ein jüdisches Gotteshaus von innen aus? Woher stammt das Wort „Maloche“? Und warum gilt der Essener Domschatz als Kunstschatz von europäischem Rang? Die knapp 20 Teilnehmer der diesjährigen Fahrt des Fördervereins der Schatzkammer St. Agatha dürften das beantworten können. Beim Besuch der Alten Synagoge und des Domschatzes in Essen war vieles darüber zu erfahren, wie der Schatzkammer-Verein berichtet.
Die Jahresfahrt des Fördervereins der Schatzkammer St. Agatha führte die Teilnehmer in die Alte Synagoge und den Domschatz von Essen. Schriftkapseln mit Textelementen des Glaubensbekenntnisses (Mezuzah) befestigen jüdisch Gläubige oft an ihre Türpfosten.Die Alte Synagoge in Essen: Früher wurden im Thoraschrein (Bildmitte) die Thorarollen mit dem handgeschriebenen hebräischen Text der fünf Bücher Mose aufbewahrt. Heute ist der Schrein leer und steht offen. Foto: Schatzkammerverein
So etwa, dass der Kirchenschatz des Essener Doms eine der bedeutendsten Sammlungen frühmittelalterlicher Goldschmiedekunst beherbergt. Beeindruckend waren die Vielzahl und die Qualität der prachtvoll gestalteten Prozessionskreuze aus dem 10. und 11. Jahrhundert. Nicht weniger imposant war das Essener Schwert, eine rund 90 Zentimeter große Prunkwaffe aus der Mitte des 10. Jahrhunderts. Das Langschwert war tatsächlich etwa 20 Jahre in Gebrauch gewesen, das hätten Untersuchungen gezeigt. Die Klinge wurde mehrfach nachgeschliffen und büßte dadurch rund einen halben Zentimeter an Breite ein.
Zu den bedeutendsten Kunstwerken des Mittelalters gehört die Goldene Madonna . Die Marienfigur mit Jesus-Kind auf dem Schoß ist aus Pappelholz geschnitzt und mit Goldblech verkleidet. Sie wurde um 980/990 angefertigt und gilt als älteste vollplastische Marienfigur überhaupt. Nicht weniger eindrucksvoll waren die vielen anderen Exponate, wie das Theophanu-Evangeliar, Büsten, Münzen, Skulpturen, Monstranzen, Reliquiare, Leuchter und Schreine. Zu verdanken hat der heutige Domschatz seine Kostbarkeiten dem ehemaligen Essener Frauenstift, das um 850 gegründet wurde; allen voran den Äbtissinnen Mathilde, Sophia und Theophanu . Sie alle waren Prinzessinnen aus königlichem Hause und brachten nicht nur familiär und politisch nützliche Verbindungen mit, sondern auch ihren eigenen Besitz.
Mit weitaus weniger prunkvollen Exponaten ausgestattet, präsentierte sich das ehemalige jüdische Gotteshaus in Essen, die Alte Synagoge. Fußläufig vom Essener Dom gut zu erreichen, dient das Synagogen-Gebäude seit 2010 als Haus jüdischer Kultur. Für religiöse Zwecke wird die Synagoge heute nicht mehr genutzt. Mit einer Länge von 70 Metern und einer freischwebenden Kuppel in Höhe von 37 Metern ist der Bau allerdings architektonisch sehr beeindruckend. Das nach den Entwürfen des Architekten Edmund Körner 1913 erbaute und nach dem Zweiten Weltkrieg restaurierte Gebäude ist die größte frei stehende Synagoge nördlich der Alpen. Insbesondere innenarchitektonisch hat die Synagoge einiges zu bieten. In dem großen Innenraum mit Empore lassen sich sowohl jüdisch-orientale als auch abendländisch-christliche Elemente wiederfinden.
Die jüdische Gebetskleidung besteht aus einem Gebetsmantel oder-schal (Tallit) und dem Gebetsriemen mit ledernen Schächtelchen(Tefillin).
In fünf Ausstellungsbereichen wird über jüdische Traditionen, Feste und die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Essen informiert. Diese zählt derzeit etwa 1000 Mitglieder. Interessant waren vor allem interaktive Installationen wie zum Beispiel ein Fließband mit Nahrungsmitteln und die Frage, was davon ist koscher und was nicht?
Etwas zum Schmunzeln mit Aha-Effekt gab es auch: Auf einer überdimensionalen Drehscheibe konnten Begriffe aus der deutschen Umgangssprache mit der hebräischen Sprache in Verbindung gebracht werden. So ist „meschugge“ gleichbedeutend mit dem hebräischen Wort „meschuga“, was so viel wie verrückt heißt. Und die „Maloche“? Sie lässt sich aus dem hebräischen „melachah“ ableiten, was Arbeit bedeutet.